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Joachim Ringelnatz

1883
1934
Porträtfoto Joachim Ringelnatz, © Privatbesitz
Porträtfoto Joachim Ringelnatz, © Privatbesitz

Joachim Ringelnatz war ein deutscher Schriftsteller, Kabarettist und Maler, der vor allem für humoristische Gedichte um die Kunstfigur Kuttel Daddeldu bekannt ist. Er war bekannt zur Zeit der Weimarer Republik und zählte Schauspieler wie Asta Nielsen und Paul Wegener zu seinen engen Freunden und Weggefährten. Sein teils skurril, expressionistisch, witzig und geistreich geprägtes Werk ist noch heute bekannt.

1883

Joachim Ringelnatz wird am 7. August als Hans Bötticher in Wurzen bei Leipzig geboren. Seine Mutter Rosa Marie Bötticher arbeitet neben dem Haushalt an Perlenstickmustern, der Vater Georg Bötticher ist Musterzeichner, später Jugendschriftsteller. Die Familie lebt in bescheidenem Wohlstand, beschäftigt zwei Dienstmädchen.

1901 – 1909

Ringelnatz wird ohne Wissen der Eltern Schiffsjunge und heuert später als Matrose auf Segel- und Dampfschiffen an. Er absolviert eine kaufmännische Lehre in Hamburg, arbeitet als Hausmeister in einer Pension, wird Lehrling in einer Dachpappenfabrik und Angestellter in einem Münchner Reisebüro.

1909

Auf der Bühne des Münchner Lokals Simplicissimus wird er zum Vortragskünstler, macht in der Nachbarschaft einen Tabakladen auf, nennt ihm Zum Hausdichter und muss nach neun Monaten wieder schließen.

Simplicissimus. Künstler-Kneipe und Kathi Kobus, herausgegeben vom Hausdichter Hans Bötticher, auf der letzten Seitehandschriftliches Gedicht von Bötticher
Solang sich um die Axe dreht
noch unser Erdenglobus
kommt jede Nacht der Hauspoet
zu seiner Kathi Kobus
er trinkt so manches Gläschen aus
zum allgemeinen Wohle
und macht zuletzt Gedichte draus
noch giftiger als die Bowle
der Hausdichter

17. Juli 09
Hans Bötticher

1909 – 1914

Veröffentlichung erster autobiografischer Geschichten, Kindererzählungen und grotesk-komischer Gedichte, darunter Die Schnupftabaksdose  (1912), Ein jeder lebt’s  (1913). Seinen Lebensunterhalt verdient er sich unter anderem als Bibliothekar der Familie York Graf von Wartenburg in Schlesien sowie als Fremdenführer und Schaufensterdekorateur in München. York Graf von Wartenburg wird später zum inneren Kreis des Widerstands gegen Hitler gehören, beteiligt sich am Attentatsversuch des 20. Juli 1944 und wird in Berlin-Plötzensee hingerichtet.

Hans Bötticher, R. J. M. Seewald, Die Schnupftabaksdose. Stumpfsinn in Versen und Bildern, R. Piper & Co. Verlag, München 1912

1914–1918

Kriegsdienst bei der Marine. Ringelnatz wird Offizier.

Joachim Ringelnatz mit seinem Freund Fritz Petersen im Innenhof der Grimmershörnkaserne in Cuxhaven, 1915, © Privatbesitz

1919

Nun nennt er sich Joachim Ringelnatz, vielleicht wegen des von ihm geschätzten Seepferdchens, das umgangssprachlich auch Ringelnass heißt.

1920

Veröffentlichung der Balladen vom Seemann Kuttel Daddeldu und der Turngedichte.

1923

Am 23. April erste öffentliche Ausstellung seiner bildenden Kunst in der Galerie Flechtheim in Berlin.
Im September die zweite Ausstellung bei Flechtheim.

Ab 1924

Ausstellungen in der Galerie Würthle, Wien, in der Frankfurter Dependance der Galerie Flechtheim und im Dezember in der Galerie Nierendorf zusammen mit Otto Dix und George Grosz.

Joachim Ringelnatz, Kuttel Daddeldu oder das schlüpfrige Leid, Alfred Richard, Meyer Verlag, Berlin 1919, zweite und dritte Auflage, signiert
Joachim Ringelnatz, Mann und Frau am Fenster, WV 185, signiert und undatiert, vor 1925, Aquarell, © Ringelnatz-Museum Cuxhaven
Joachim Ringelnatz, Geheimes Kinder-Spiel-Buch mit vielen Bildern. Für Kinder von 5 bis 15 Jahren gedichtet und bebildert von Joachim Ringelnatz, Gustav Kiepenheuer Verlag, Potsdam 1924, Erstausgabe, Vorzugsausgabe, signiert und mit Originalzeichnung

1925–1928

Erste Teilnahme an der Jahresausstellung der Akademie der Künste, Verkauf des Bildes  Winter  noch vor der Eröffnung. Ausstellungen in der Berliner Galerie Wiltschek und in der Leipziger Galerie Heinrich Brachfeld.

Eis und Meer, 1928, Öl auf Leinwand, Leihgabe des Kurpfälzischen Museum, Heidelberg

1929

Teilnahme an der Ausstellung Neue Kunst in der Orangerie in Kassel. Beitritt zu den Künstlervereinigungen Novembergruppe und Junges Rheinland.


Joachim Ringelnatz, Kinder-Verwirr-Buch mit vielen Bildern, Ernst Rowohlt Verlag, Berlin, 1931, Erstausgabe, Widmungsexemplar

1931

Ausstellung im Vereinshaus der Berliner Künstler.

1933

Ringelnatz wird nicht Mitglied der nationalsozialistischen Reichskulturkammer und kann nicht mehr öffentlich auftreten. Sein Bild 11 Uhr nachts  wird aus der Berliner Nationalgalerie im Rahmen der Aktion Entartete Kunst entfernt und vom Kunsthändler Gurlitt aufgekauft. Die letzte Spur hinterlässt das Bild auf der Rückseite eines Fotos aus den 1930er Jahren: Jetzt sei es in Düsseldorf. Es ist bis heute verschwunden.

1934

16. November: Verarmt stirbt Joachim Ringelnatz an einer Lungenkrankheit in Berlin. Gemäß seinem letzten Wunsch wird er unter den Klängen des Seemannsliedes La Paloma zu Grabe getragen.

1935–1945

Das Geheime Kinderspielbuch, das Kinderverwirrbuch, Kuttel Daddeldu und die Turngedichte kommen auf die Liste des schädlichen und unerwünschten Schrifttums. Andere Bücher werden überarbeitet und erotische Gedichte entfernt. Während des Krieges erscheinen in nationalsozialistischen Verlagen „illegale“ Ringelnatz-Gedichtbände für Soldaten, sogenannte Tornisterbücher.

Joachim Ringelnatz, Kuttel Daddeldu kämpft mit Sioux um Renee, WV 170, unsigniert und undatiert, bezeichnet, Feder, Bleistift, brauner Farbstift, 21,5 x 26,5 cm, © Ringelnatz-Museum Cuxhaven

1955

Die documenta zeigt keine Kunstwerke von ihm. Der Maler Joachim Ringelnatz wird in der Nachkriegszeit vergessen. Nur wenige Bilder gelangen in öffentliche Museen. Anders die Literatur: Bis heute sind Ringelnatz-Gedichte ohne Unterbrechung auf den kleinen und großen Bühnen präsent. Seine Bücher werden ohne Pause immer wieder neu aufgelegt.

Weiterschauen

Felix Nussbaum, Passfoto 1942, © Felix-Nussbaum-Haus / Kulturgeschichtliches Museum Osnabrück
Felix Nussbaum
1904
1944

Das Leben des jüdischen Künstlers Felix Nussbaum war von Verfolgung und Flucht geprägt. 1933 befanden sich Nussbaum und seine Partnerin Felka Platek bereits außer Landes, da ihm das berühmte Villa-Massimo-Stipendium für einen Studienaufenthalt in Rom verliehen wurde. Von dort flohen sie über Frankreich nach Belgien. Dort entsteht in den Jahren 1939 -1944 im Verborgenen ein eindringliches Spätwerk.

Milly Steger bei Alexander Binder, 1922, ©ullstein bild – Atelier Binder
Milly Steger
1881
1948

Milly Steger wurde früh vom Kunstmäzen Karl Ernst Osthaus gefördert. Ihr Ausnahmetalent sicherte ihr eine Stelle als Stadtbildhauerin in Hagen, wo sie bis heute ihre künstlerischen Spuren im Stadtbild hinterlassen hat. Während sie in ihrer frühen Berliner Zeit Engagement im linken politischen Spektrum zeigte, fehlte ihr in den Jahren 1933-45 eine solche politische Haltung. Dass Steger oft als verfolgte des NS Regimes eingeordnet wird, muss deshalb kritisch gesehen werden.

Porträtfoto Joachim Ringelnatz, © Privatbesitz
Joachim Ringelnatz
1883
1934

Joachim Ringelnatz war ein deutscher Schriftsteller, Kabarettist und Maler, der vor allem für humoristische Gedichte um die Kunstfigur Kuttel Daddeldu bekannt ist. Er war bekannt zur Zeit der Weimarer Republik und zählte Schauspieler wie Asta Nielsen und Paul Wegener zu seinen engen Freunden und Weggefährten. Sein teils skurril, expressionistisch, witzig und geistreich geprägtes Werk ist noch heute bekannt.